Drüben bei lousypennies.de hat der sehr geschätzte Karsten Lohmeyer einen wichtigen Beitrag zum Thema Adblocker geschrieben. Seine Kernaussage: „Ich würde mir eher einen Arm abhacken, als einen Adblocker zu benutzen.“ Ich habe das lange genauso gesehen. Inzwischen differenziere ich bei dem Thema aber etwas mehr – und nutze tatsächlich seit einigen Monaten auch einen Adblocker. Meine 5 Cent zu dem Thema.
Keine alternativen Einnahmequellen
Solange die Verlage und Medienhäuser keinen alternativen Weg gefunden haben, ihre Arbeit bei fairer Bezahlung für die Journalistinnen und Journalisten und angemessenen redaktionellen Rahmenbedingungen zu finanzieren, wird das bisher gängige Geschäftsmodell „Werbung gegen Journalismus“ weiter die Haupteinnahmequelle sein. So viel ist wohl sicher.
Experimente wie das von golem.de oder der „taz“ oder Paywall-Modelle wie das der „Rhein-Zeitung“ sind erste, zarte Schritte weg von diesem Modell, das so viele Gefahren zu so schlechtem Ertrag mit sich bringt. Stellt man die lächerlichen TKP-Preise gegen Problematiken wie Abhängigkeiten, fehlende Planungssicherheit oder mangelnde Nutzerfreundlichkeit, kann man nur zu dem Schluss kommen, dass Banner-Werbung einfach nicht mehr (oder: noch nicht?) taugt für die Finanzierung von journalistischer Arbeit im Netz.
Teufelskreis durch Adblocker
Aber klar: Es ist der einzige Weg, um wenigstens halbwegs Geld reinzubekommen, wenn man eben kein Abo- oder Paywall-Modell fahren möchte. Dabei befinden wir uns leider seit dem Boom der Adblocker in einem Teufelskreis: Je mehr Menschen Adblocker nutzen, desto weniger verdienen die Verlage. Je weniger die Verlage verdienen, desto mehr Werbung brauchen sie auf der Seite. Je mehr Werbung sie auf der Seite haben, desto mehr Menschen nutzen Adblocker.
Logisch, dass es bei den Summen und Arbeitsplätzen, um die es hier geht, nicht ganz einfach ist, aus dem Kreis auszubrechen. Probiert haben es spiegel.de, golem.de, faz.net, sz.de, zeit.de und rp-online.de im Sommer 2013 mit einer groß angelegten Anti-Adblocker-Kampagne, in der sie die Leser dazu aufriefen, ihre Adblocker auszuschalten. Das Ergebnis: Ein Plus von 129 Prozent an Installationen und 167 Prozent an Spenden für den dubiosen Adblock-Anbieter Adblock Plus.
„Fairer Deal“ – mit Einschränkungen
Kollege Lohmeyer schreibt nun auf seiner Seite, dass ein Adblocker „die Software“ sei, „die einen klaren Deal zwischen Journalisten und Lesern mit unfairen Methoden zunichte macht: den Tausch von teuer produzierten journalistischen Inhalten gegen das bloße Betrachten von Werbung“.
Word. Aber für mich mit einer entscheidenden Einschränkung: Wenn Verlage eine absolute Ignoranz des Lesers an den Tag legen. Wenn ich mich über Werbung im Netz aufrege, gerne etwa über die Websites der „Rheinischen Post“ oder des „Focus“, bekomme ich meist folgenden Satz zu hören: „Schonmal was von Adblock gehört?“
Maximale Ausschlachtung
Ja, habe ich. Und nein, ich habe das lange Zeit nicht genutzt, weil ich eben den von Lohmeyer beschriebenen Deal gerne eingehe: Ich bekomme die Inhalte, der Betreiber bekommt meine Aufmerksamkeit für die Anzeigen und damit ein paar Cent.
Was aber die Kollegen von – nur ein Beispiel, es gibt genügend andere Pappnasen – „Focus Online“ auf ihrer Website machen, grenzt für mich a) nicht mal mehr ansatzweise an Journalismus und b) an konsequentes Leservergraulen durch maximale Ausschlachtung der Werbeplätze und minimale Aufmerksamkeit für die eigenen Inhalte.
Adblocker auf 98 Prozent der Seiten deaktiviert
Entsprechend nutze ich inzwischen ein Adblock-Plugin in meinem Browser, das aber auf allen Seiten deaktiviert ist, auf denen ich noch einen Funken Rücksicht auf die Bedürfnisse des Lesers erkennen kann. Das sind ca. 98 Prozent. Und die 2 Prozent, die ich geblockt habe, steuere ich ohnehin kaum an.
Einen Arm würde ich mir also nicht abhacken.
Einen halben vielleicht.